Dr. Siyabulela Mandela erläuterte in seiner Keynote, wie man aus dem Versöhnungsprozess in Südafrika lernen kann. ©SEZ/Fotonoid
Friedensarbeit mitten im Konflikt? Der anhaltende Konflikt im Ostkongo und die Auswirkungen auf Burundi und Ruanda beschäftigen die AMAHORO! Landespartnerschaft. Wie in solch unsicheren Zeiten Frieden geschaffen werden kann, wurde beim BW-Burundi Treffen auf der Messe Fair Handeln diskutiert.
Über 70 Engagierte und Interessierte kamen am 25. April 2025 zum BW-Burundi Treffen auf die Messe Fair Handeln. Denn sie alle bewegt die aktuelle Situation im Ostkongo und die Auswirkungen dieses Krieges auf Burundi und Ruanda. Es stellte sich die Frage: Wie können in solchen Zeiten Friedensprozesse unterstützt werden?
Eine mögliche Antwort präsentierte Dr. Siyabulela Mandela, der Berater für internationale Entwicklung, Frieden und Menschenrechte ist. In seiner inspirierenden Keynote beschrieb er, wie Südafrika während des Freiheitskampfes und der Post-Apartheid die verschiedenen Bevölkerungsgruppen vereint und versöhnt habe. Dabei betonte er, dass der Kolonialismus Konflikte unter Menschen gesät habe, die vormals gemeinschaftlich zusammenlebten. Besonders dieses Ausspielen von Vielfalt sieht er als Wiege der anhaltenden Konflikte im Afrika der Großen Seen.
Auf dem Panel diskutierten
- Augusta Muhimpundu, EIRENE Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V.
- Raphaël Nkurunziza, Youth Empowerment Leadership Initiative (YELI) & Réseau des jeunes pour la paix en Afrique des grands-lacs (RJP-GL)
- Herbert Geissbauer, Anstoß zur Hoffnung e.V.
Der Moderator Pater Dr. Déogratias Maruhukiro führte durch die Diskussion. Der Schwerpunkt der Fragestellung war, wie in der aktuellen Lage Friedensarbeit in Burundi geleistet werden kann.
„Wenn wir zusammenkommen, einandern zuhören, die andere Perspektive versuchen zu verstehen, haben wir weniger Konflikte. Leider ist das während einer Krise nicht einfach.“ Für Auguste Muhimpundu ist es für Frieden wichtig, Menschen miteinander in den Austausch zu bringen. Denn nur, wenn auch ein gemeinsames Verständnis von Geschichte zusammen erarbeitet würde, könnten Konflikte gemeinsam aufgearbeitet werden. Das führe zu einem nachhaltigen Frieden.
Eine andere Perspektive brachte Raphaël Nkurunziza ein. Von einem Konflikt seien insbesondere junge Menschen stark betroffen, diese erhielten jedoch wenig Gehör. Aus diesem Grund entschied er sich, sich für den Frieden mit dem Netzwerk YELI zu engagieren. Das Ziel dieses Netzwerkes ist es, junge Menschen zu befähigen, miteinander in Austausch zu treten und den Frieden zu fördern.
Eine andere Form der Friedensförderung schafft der Verein Anstoß zur Hoffnung mit Herbert Geissbauer. Sie nutzen Sport als verbindendes Element, um junge Menschen zusammenzubringen und sie zu Friedensbotschafter*innen auszubilden.



Im Gespräch mit Pater Dr. Déogratias Maruhukiro

Pater Dr. Déogratias Maruhukiro leitet das Cluster Friedensarbeit in der AMAHORO! Landespartnerschaft und arbeitet an er Universität Freiburg im Bereich der Friedensforschung.
Was bedeutet Frieden für dich?
Frieden ist für mich zuerst der innere Friede, der mich ins Gleichgewicht bringt. Denn wenn ich diesen inneren Frieden habe, dann kann ich den Frieden auch anderen schenken. Ich kann nichts schenken, was ich nicht habe. Der innere Frieden ist die Grundlage für jeden Frieden.
Was brauchen wir, um innerhalb einer Gesellschaft, aber auch zwischen Gesellschaften Versöhnung und Frieden voranzubringen?
Man braucht die Fähigkeit, den anderen zuzuhören und in den Dialog zutreten. In einem aktiven Konflikt ist es auch notwendig, dass ich in der Lage bin, mich in die Position des Anderen hineinzuversetzen. So kann ich verstehen, warum er mit mir in Konflikt gekommen ist.
Im Moment gibt es im Ostkongo einen Konflikt, in den auch Burundi und Ruanda involviert sind. Und im BW-Burundi Treffen haben wir uns die Frage gestellt: Wie können wir Frieden schaffen während der Konflikt noch im Gange ist? Was ist deine Antwort auf diese Frage?
Wir können Friedensarbeit während eines Konflikts leisten, indem wir Räume für Austausch und Frieden aufbauen und ermöglichen. Ermöglichen, dass Menschen in Dialog treten können. Das ist schon Friedensarbeit. Wir versuchen, dass Menschen mehr in Kontakt miteinander treten, sei es online oder in Präsenz. Begegnung ist die Grundlage von Frieden.
Um den Dialog im Afrika der Großen Seen voranzubringen, habt ihr ein Netzwerk von jungen Menschen gegründet. Wie heißt dieses Netzwerk und was macht es?
Im Rahmen unseres Clusters “Friedensarbeit” haben wir dieses neue Netzwerk mitgegründet. Es heißt Réseau de Jeunes pour la Paix dans la région des grands-Lacs RJP-GL (Deutsch: Jugend für den Frieden im Afrika der großen Seen). Dieses Netzwerk ermöglicht den Dialog zwischen Jugendlichen aus Burundi, der DR Kongo und Ruanda. Wir versuchen, eine Art Safe Space, einen Raum der Begegnung für die Jugendlichen zu schaffen.
Es gibt schon eine gewisse Spannung zwischen Ruanda und Burundi. Die Grenzen sind geschlossen. Im Ostkongo herrscht ein Krieg, in den Burundi und Ruanda involviert sind. Dieses Netzwerk von jungen Menschen agiert als Brückenbauerin für den Frieden in und zwischen diesen Ländern. Wir versuchen sie zu unterstüzen, zu fördern und sie zu befähigen gegen Hassbotschaften, die auf Social Media kursieren, vorzugehen. Damit wir eine Art Entgiftung von Botschaften schaffen.
Wir bieten auch die Kolloquien Youth for Peace, Jugend für den Frieden, an. Im Jahr 2023 boten wir das erste Kolloquium in Burundi an, zu dem Jugendliche aus Burundi, Ruanda und der DR Kongo zusammen kamen. Letztes Jahr fand das Kolloquium im Ostkongo statt. Und dieses Jahr versuchen wir das Kolloquium in Ruanda anzubieten. Wir haben festgestellt, dass, wenn die Jugendliche zusammentreffen, eine Art Vertrauen zwischen ihnen existiert. Sie sehen sich als Freund*innen, Nachbar*innen. Wir müssen gemeinsam wachsen und gemeinsam den Frieden fördern. Das ist es, was wir erreicht haben und das ist es, was wir weitermachen wollen. Diese Friedensbrücken weiter aufzubauen, eine Identität des Afrikas der Großen Seen zu stiften. Unser Ziel mit dem Netzwerk ist es, dass die Jugendlichen sagen: Wir sind gleich, wir wollen gemeinsam wachsen, wollen gemeinsam den Frieden finden.
Begegnungen sind sehr wichtig. Es gibt ja auch Begegnungen zwischen Menschen aus Baden-Württemberg und Menschen aus Burundi. Denn seit über 40 Jahren gibt es die AMAHORO! Landespartnerschaft. Wie kann diese Partnerschaft dazu beitragen, Frieden zu fördern?
Krieg und Frieden sind wichtige Themen auf der Welt. Nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa, wenn wir den Konflikt in der Ukraine betrachten. Menschen in Baden-Württemberg haben keine Erfahrung mehr mit Krieg, da sie seit über 50 Jahren in Frieden leben.
Sie können von den Menschen vor Ort in Burundi etwas lernen: Wie schafft man Frieden, Begegnung? Dann kann Burundi den Leuten in Baden-Württemberg etwas zu Diplomatie beibringen. Auch wie sie mit Konflikten umgehen können. Das ist auch wichtig. Das andere ist auch, dass viele engagierte Menschen sich in Baden-Württemberg für den Frieden einsetzen. Viele Projekte sind ganz wichtig. Frieden ist nicht alles. Aber ohne Frieden, ist alles nichts. Deswegen plädiere ich, dass viele Menschen sich an dieser Friedensarbeit beteiligen und sie unterstützen, vor allem dieses neue Netzwerk; für die Friedensarbeit, nicht nur für Burundi, sondern für die Region der Großen Seen in Afrika.
Vielen Dank.