Selina Diaby studiert seit dem Wintersemester 2019/2020 in Paris „International Security“ mit Schwerpunkt Friedens- und Konfliktforschung. Davor machte sie ein mehrmonatiges Praktikum bei der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ). Im Gespräch mit Burundi Nouvelles berichtet sie über ihre Erfahrungen bei der Stiftung und ihre Motivation, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren.
Wenn du dich mit drei Wörtern beschreiben müsstest, welche wären das?
Oh das ist eine schwierige Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt. Ich würde sagen ich bin interessiert, menschlich und zielstrebig.
Du hast dich initiativ direkt beim Kompetenzzentrum Burundi der SEZ beworben. Wie kam es dazu?
Ich bin durch Zufall bei einer Internetrecherche über die Beziehung zwischen Deutschland und Burundi auf die Homepage der SEZ gelangt. Das war noch während meines Auslandssemesters in Kapstadt, Südafrika. Als ich wieder in Tübingen angekommen bin, hat sich herausgestellt, dass meine Mitbewohnerin Hannah gerade ein Praktikum bei euch macht. Und da habe ich dann den Entschluss gefasst, ich probier’s einfach mal und zack, es hat geklappt. Darüber war ich sehr glücklich. Gleichzeitig hat mir die SEZ aufgrund ihres Ansatzes in Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit zugesagt; es geht darum, echte Partnerschaften zu etablieren und nicht, wie so oft, zu helfen.
Wie hast du deine Praktikumszeit bei der SEZ erlebt?
Mein Praktikum habe ich als sehr abwechslungsreich und lehrreich erlebt in vielerlei Hinsicht. Ich hatte die Möglichkeit, neben meiner Arbeit im Kompetenzzentrum Burundi auch andere Bereiche der SEZ kennenzulernen und habe dadurch verschiedene Einblicke erhalten. Das hat mir sehr gut gefallen. Insbesondere hat mir das Praktikum Zugänge zu Orten und Erfahrungen geboten, die mir sonst verschlossen geblieben wären. Auch im Team der SEZ habe ich mich sehr aufgenommen gefühlt und hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich wertgeschätzt werde.
Gibt es etwas, was dich besonders überrascht hat oder was du so nicht erwartet hast? Wenn ja, was war das?
Überrascht hat mich vor allem, wie viel Arbeit das Team der SEZ allein stemmt und das in einem so weiten Tätigkeitsradius; ob im Bereich Globales Lernen, dem Burundi-Kompetenzzentrum, der Projektförderung allgemein oder durch die Initiative „Meine. Deine. Eine Welt. Im Rahmen meines Praktikums ist mir zudem noch einmal bewusst geworden, wie viel Politik letztlich auch hinter entwicklungspolitischer Arbeit steckt und wie wichtig die Entwicklung einer Kompetenz ist, die Handlungen der verschiedenen Akteure und ihre Interessen einordnen zu können.
Du bist in Tübingen bei der Gruppe Black Visions and Voices aktiv. Was motiviert dich, dich gesellschaftlich und politisch zu engagieren?
Ich habe mich eigentlich schon immer engagiert; als Kind im Reitverein, in meiner Jugend bei der Suppenküche, im Seniorenheim und an der Universität, zunächst in der Fachschaft dann im Studierendenrat. Für mich gehört das zum Leben dazu, denn sich gegenseitig zu unterstützen ist nur menschlich.
Ich will ganz ehrlich sein; gesellschaftliches oder politisches Engagement kann einem auch ganz schön viel Energie, Kraft und Zeit rauben, aber im gleichen Maße oder meist noch darüber hinaus, bekommt man dies alles wieder, wenn man sieht, welche positiven Auswirkungen das eigene Handeln haben kann. Im Rahmen meines Engagements bei Black Visions and Voices, einer Empowerment-Gruppe von Schwarzen Menschen für Schwarze Menschen in Tübingen, habe ich Mitte Juli eine Podiumsdiskussion organisiert. An diesem Abend wurde in Anwesenheit von zirka 60 Gästen die Frage diskutiert, welchen Wert wir Schwarzem Leben in Europa, Deutschland und Tübingen geben. Die Veranstaltung war unglaublich toll, weil sie Raum geboten hat für Perspektiven, die sonst nicht beachtet werden und auch einen Ort des Austausches darstellte zwischen Betroffenen und Interessierten.
Was nimmst du persönlich für dich mit aus deiner Praktikumszeit?
Auf jeden Fall ein tieferes Verständnis für entwicklungspolitische Zusammenarbeit in der Praxis und Entwicklungspolitik allgemein. Ich hatte nach meinem Abitur einen einjährigen Freiwilligendienst in Ghana absolviert und konnte durch meine Arbeit in und vor allem mit der Endsendeorganisation bereits Fragmente in diesem Bereich mitnehmen. Allerdings hat mir das Praktikum bei der SEZ ein intensiveres Bild durch die direkte Involviertheit geboten, aber natürlich auch eines aus der Perspektive der deutschen Seite.
Selina hat mit ihrer Gruppe auch ein Musikvideo gemacht. „This is Germany“ ist ein Film, der alltägliche Diskriminierungserfahrungen sichtbar machen will. More infos:
https://aktionsfonds-viral.de/gefoerderte-projekte/this-is-germany/