Prof. Dr. Aloys Misago und Philipp Keil bei der BW-Burundi Konferenz 2022 in Stuttgart (© SEZ/ Amani Papy).
Unser langjähriger Partner Prof. Dr. Aloys Misago aus Burundi war im November zu Besuch in Baden-Württemberg und bei der SEZ. Im Interview lernen Sie Ihn und seine wichtige Arbeit im Deutschzentrum kennen.
Hallo Herr Prof. Dr. Misago, können Sie sich kurz vorstellen und uns über Ihre Arbeit und das Deutschzentrum in Burundi berichten?
Ich bin Vorstandsvorsitzender des Deutschzentrums in Bujumbura. Das Zentrum wurde 2022 gegründet, aber Deutschkurse gibt es bereits seit 2014.
Im Jahr 2014 kam eine Delegation aus Baden-Württemberg zu Besuch. Damals war ich Dekan des Wirtschaftswissenschaftlichen Institut. Die Delegation hat während der Reise die Umstände gesehen, unter denen wir arbeiten mussten: zu dem Zeitpunkt gab es zwei Lehrkräfte mit einem PHD, die mehr als 2.000 Studierende zu betreuen hatten. Die Delegation hat sich danach dazu entschieden, fünf Studierenden pro Jahr das Angebot zu machen, einen PHD in Deutschland abzuschließen. Das Problem: 2014 konnte ich keine fünf Leute finden, die über ausreichende Deutsch-Kenntnisse verfügten. So schickte ich nur zwei Lehrkräfte nach Deutschland. Diese zwei Lehrkräfte waren meine ersten beiden Deutsch-Studierenden
2015 folgten dann Unruhen in Burundi und die Partnerschaft ist etwas eingeschlafen. Aber 2017 wurde die Partnerschaft wiederbelebt und wir konnten mit 79 neuen Deutschlernenden beginnen. Damals ist die SEZ eingesprungen und finanzierte den ersten Deutschkurs nach 2015. Seitdem wächst die Zahl der Lernenden rasant, so dass wir heute 2540 eingeschriebene Studierende für die Deutschkurse haben. 2014 haben wir „klein“ angefangen – heute haben wir mehrere Campusse, an denen Deutsch gelehrt wird:
- vier in Bujumbura,
- drei in Gitega,
- eine in Ngozi,
- eine in Rumonge und
- drei Stellen in Nyanza Lac.
Das Interesse an der deutschen Sprache in Burundi ist so stark gestiegen, dass wir die Teilnehmendenzahl begrenzen müssen. Denn wir haben zwei Probleme:
Das erste Problem ist die geringe Anzahl an Lehrkräften. Die ersten die Deutsch unterrichtet haben, sind diejenigen, die in Deutschland studiert haben und deshalb die Sprache gelernt haben. Als die Zahl der Interessenten stieg, mussten wir die ehemaligen Studierenden mit B1 und B2 motivieren, dass sie auch zu Deutschlehrkräften werden. Heute können wir diesen Bedarf decken.
Das zweite Problem sind die Räumlichkeiten. Von Anfang an haben wir die Räume der Universität genutzt. Auch heute nutzen wir diese Räume oder Räume an Schulen. Das geht aber nur mit Abendkursen. Für das Niveau B2 braucht man mit der Abendschule vier Jahre. Für Interessenten, die es eilig haben, ist das zu langsam. Sie haben zum Beispiel ein Stipendium oder möchten zu ihrer Familie in Deutschland. Diese Menschen können keine vier Jahre lernen. Deshalb bieten wir auch Intensivkurse an, in denen die Studierenden und Schüler*innen von 7:30 bis 12:30 Uhr lernen. Zu diesen Zeiten benötigen aber auch die Institutionen ihre Räume. Also stellt sich für uns gerade die Frage: Wie können wir neue Räume finden, damit wir mit den Intensivkursen weitermachen können?
Danke für diesen Einblick – die Entwicklung von 79 Lernenden zu über 2.500 ist sehr beeindruckend. Aber ja damit gehen natürlich auch andere Anforderungen in Bezug auf die Räumlichkeiten einher.
Es gibt das burundische Sprichwort „Inzira ntibara inkuru – Auf einer Reise begegnet man einer Vielzahl von Geschichten“. Du bist ja schon lange Jahre mit deinen Deutschkursen und auch so Teil der AMAHORO! Landespartnerschaft. Fällt dir eine Geschichte, eine Anekdote aus der Partnerschaft ein, die du erlebt hast und gerne mit uns teilen möchtest?
Das ist eine schwierige Frage, ich habe schon so viel Unterschiedliches in der Partnerschaft erlebt. Könntest du mir eine Richtung geben?
Wie wäre es mit einem Highlight? Oder einer Begegnung, wo du jemand besonderes getroffen hast?
Was mich sehr beeindruckt in der Partnerschaft ist, dass die Partnerschaft nicht nur Zahlen, nicht nur Gebäude sind, sondern eine persönliche Begegnung. Aus der Partnerschaft heraus habe ich sehr viele Freund*innen gefunden, sodass ich, wenn ich nach Deutschland reise, mich wie zuhause fühle. Und ich habe auch erlebt, dass viele Partner*innen sich so wohl miteinander fühlen, dass man sich gegenseitig nach Hause einlädt. Das begeistert mich am meisten an der Partnerschaft.
Meinst du das liegt auch an den Deutschkursen vor Ort? Dass dadurch neue Begegnungen entstehen und Menschen sich austauschen können? Dass dadurch neue Freundschaften und Familien entstehen, weil man sich unterhalten kann?
Ja natürlich. Es gibt viele Deutschlernende, die im Austausch zu Freund*innen werden. Selbst im erweiterten Netzwerk, also Menschen, die schon länger nicht mehr aktiv Deutschkurse besuchen, kommen zu Netzwerktreffen. Es gibt leider wenig Besucher*innen aus Deutschland, die nach Burundi kommen, um die Deutschlernenden kennenzulernen. Aber ich denke in der Zukunft werden auch mehr Interessierte aus Deutschland kommen und dadurch können natürlich neue Freundschaften entstehen.
Vielleicht wird es in der Zukunft dann mehr Austausch in beide Richtung geben …
Ja in Burundi lernen wir Deutsch. Ich träume davon, dass eines Tages deutsche Schüler*innen auch Kirundi lernen werden.
Ja sehr gerne, dann müssen wir hier auch ein Kirundi-Zentrum aufbauen und vielleicht haben wir dann auch eines Tages über 2000 Schüler*innen, die Kirundi lernen.
Ja es würde schon reichen, wenn Schulen oder Unis freiwillige Kirundi-Kurse anbieten würden.
Genau, dann könnte man im Austausch mit beiden Sprachen sprechen – Deutsch und Kirundi. Das ist eine schöne Idee.
Unsere letzte Frage geht in eine ähnliche Richtung, hast du einen Wunsch für die Partnerschaft?
Ja, ich wünsche mir noch mehr Hin und Her in der Partnerschaft. Oft ist es noch eine Einbahnstraße. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass auch im Bereich Kultur oder Wirtschaft mehr hin und her passiert. Dass zum Beispiel die Partnerschaft sich für mehr Unternehmen einsetzt, die in Burundi ansässig werden.
Für mehr Austausch, mehr Hin und Her setzen wir uns gerne weiterhin ein. Danke für dein Engagement und das Interview!